Wer durch eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung einen Gesundheitsschaden erleidet, kann Anspruch auf
Entschädigungsleistungen haben. Die Frage, ob die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, beschäftigt die Gerichte derzeit
insbesondere im Zusammenhang mit Corona-Schutzimpfungen.
Der für Impfschadensfälle zuständige 6. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) hat am 5. Juni 2025
über den Fall einer 1990 geborenen Frau entschieden, die Entschädigungsleistungen wegen Kopfschmerzen geltend machte, die sie auf
eine Corona-Schutzimpfung zurückführte. Die Klägerin, die bereits seit langem unter Migräne litt, erhielt am 12. Mai
2021 die Impfung mit einem mRNA-Impfstoff. Nachdem sie bei ärztlichen Untersuchungen kurz nach der Impfung zunächst noch keine
diesbezüglichen Beschwerden berichtete, gab sie bei einer stationären Behandlung Ende Juni 2021 dann an, seit etwa fünf
Wochen unter Dauerkopfschmerzen zu leiden, die nur teilweise auf Schmerzmittel ansprächen und teilweise mit Übelkeit
einhergingen.
Das Landesversorgungsamt hat die Gewährung von Entschädigungsleistungen jedoch abgelehnt, da es einen ursächlichen
Zusammenhang zwischen der Impfung und dem geltend gemachten Impfschaden verneinte.
Zu Recht, wie das LSG nun in zweiter Instanz entschieden hat, nachdem die Klägerin bereits in erster Instanz vor dem Sozialgericht
Reutlingen erfolglos geblieben war. Denn zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Impfschädigung genüge zwar die
Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Für die Impfopferversorgung müsse aber – neben der Schutzimpfung
und einer dauerhaften gesundheitlichen Schädigung als möglichem Impfschaden – auch eine über eine übliche
Impfreaktion hinausgehende gesundheitliche Schädigung, also eine Impfkomplikation, nachgewiesen sein, wie der Senat klargestellt
hat.
Übliche Impfreaktionen seien etwa eine für wenige Tage anhaltende Rötung, Schwellung oder Schmerzhaftigkeit der
Injektionsstelle oder auch Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Übelkeit für ein bis drei Tage. Eine hierüber
hinausgehende Impfkomplikation als Grundvoraussetzung für eine Entschädigung sei bei der Klägerin schon nicht nachgewiesen.
Insbesondere habe sie bei gegenüber ihrem Hausarzt fünf Tage nach der Impfung und bei einer Vorstellung in einer HNO-Klinik Mitte
Juni 2021 noch keine entsprechenden Kopfschmerzen berichtet. Auch nach dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand träten Kopfschmerzen nur
im Rahmen einer harmlosen, reversiblen Allgemeinreaktion innerhalb von 12 bis 48 Stunden nach der Impfung auf, könnten in einem
weitergehenden Zeitraum aber nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung zurückgeführt werden. Auch wenn es der Feststellung von
Alternativursachen nicht bedürfe, habe die behandelnde Psychiaterin der Klägerin überzeugend dargelegt, dass es sich bei der
Zunahme der Problematik um die Nebenwirkung der Dauerbehandlung mit Methylphenidat handeln kann, welches die Klägerin seit zehn Jahren
zur Behandlung von ADHS einnehme. Weiter wies das Landessozialgericht darauf hin, dass sich bei der Klägerin bereits aus einem
Kopfschmerztagebuch aus dem Jahr 2014 eine Symptomatik ergebe, wie sie gegenwärtig beklagt werde.
Hinweise zur Rechtslage:
Der dargestellten Entscheidung liegen neben dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) noch die am 31. Dezember 2023 außer Kraft getretene Regelungen des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zugrunde. Seit dem 1. Januar 2024 gelten für die Impfschadensversorgung die Regelungen des Vierzehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs – Soziale Entschädigung (SGB XIV), insbesondere der nachfolgend auszugsweise dargestellte § 24 SGB XIV.
§ 24 SGB XIV - Geschädigte durch Schutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe
Wer durch eine Schutzimpfung nach § 2 Nummer 9 des Infektionsschutzgesetzes […] 1. die von einer zuständigen Landesbehörde nach § 20 Absatz 3 des Infektionsschutzgesetzes öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde, […] eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, die über das übliche Ausmaß einer Reaktion auf eine Schutzimpfung oder andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe hinausgeht, erhält bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Absatz 1 Leistungen der Sozialen Entschädigung. […] |